Künstler*Innen

Fofana, Lamin

I'm Your Question, 2019
Courtesy: Lamin Fofana; (c) Creamcake; Foto: Ink Agop

Lamin Fofana arbeitet interdisziplinär als Musiker, Produzent und Künstler. Seine instrumentale elektronische Musik kontrastiert die Realität unserer Welt mit dem, was jenseits davon liegt, und erforscht Fragen der Bewegung, Migration, Entfremdung und Zugehörigkeit. Fofana thematisiert in seinen minimalistischen multisensorischen Installationen interrelationale Dissonanzen ebenso wie Harmonien.
Die Soundintervention I’m Your Question besteht aus einer erweiterten Audioversion des Eröffnungstracks seiner im Jahr 2019 veröffentlichten LP Black Metamorphosis. Der Titel ist inspiriert von dem gleichnamigen unveröffentlichten, jedoch nichtsdestotrotz einschlägigen Manuskript Sylvia Wynters, das sich zentral mit der Frage beschäftigt:
"Was passiert, wenn afrikanische Menschen ... sich im Westen, in Amerika oder Europa wiederfinden? Wir befinden uns oft am Rande, in den Außenbezirken oder in den Zwischenräumen, wo die Dinge immer im Fluss sind, nichts von Dauer ist und wir gezwungen sind, zu improvisieren und neue Wege zu finden, um mit uns selbst, miteinander und mit der uns umgebenden Welt in Beziehung zu treten."1
„I am here“ ... „I am here, ‘cause you were there.“ Eine metallische Stimme ist nur teilweise verständlich durch die atmosphärischen Soundwellen zu vernehmen. Einiges bleibt unverständlich und verzerrt, fast so wie in einer Kapsel unter Wasser oder eine Nachricht aus einem weit entfernten Ort, die nur teilweise zu uns durchdringt. Die Soundsignatur des Tracks besitzt eine Tonalität, die sich jeglicher konkreter Verortung widersetzt.
I’m Your Question erscheint als ein Ausdruck des Problems, nicht verstanden zu werden oder sich nicht verständlich machen zu können. Dennoch wird in dem zarten Soundgewebe mit tiefen Resonanzen und Subbassfrequenzen zwischen den Lücken ein dritter Raum kreiert. Musikalische Kodierungen, die sich mit Black Atlantic, der Middle Passage, Afrofuturismus und der anhaltenden Mittelmeerkrise assoziieren lassen. Als Erinnerung und Wertschätzung an diejenigen, die vor ihm kamen und vor ihm gingen?
Wird hier der kausale Zusammenhang von Flucht und Migration mit Kolonialismus und Rassismus als eine der Grundvoraussetzungen des globalen Kapitalismus als elektronisch-musikalischer Kommentar in den Ausstellungsraum übertragen und betont? Das Stück problematisiert Konstrukte von Identität und versucht diese aufzurütteln und eine generative Perspektive auf erzwungene Migration zu finden.
Die komplexen Zusammenhänge zwischen allen Anwesenden, die zusammengekommen sind, um zuzuhören, seien es Wesen oder Objekte, werden hier hintergründig in ein Verhältnis gesetzt. Es stellt sich die Frage, wie wir diesen Erfahrungsraum wieder verlassen und was wir davon mit in ein Außen übertragen.
"Ich möchte die Unterscheidung zwischen Reflexion und Aktion zum Kollabieren bringen. Die Welt fällt auseinander. Wer bezieht dazu Stellung und wer verhält sich passiv?"2

1 Eoin Murray, “Fresh Kicks 109: Lamin Fofana”, DJMag.com, June 28, 2019, djmag.com/content/fresh-kicks-109-lamin-fofana
2 Haus der Kunst, “Tune. Lamin Fofana”, July 9, 2021-March 13, 2022., hausderkunst.de/ausstellungen/tune-lamin-fofana

Text: Nikola Hartl

Lamin Fofana arbeitet interdisziplinär als Musiker, Produzent und Künstler. Seine instrumentale elektronische Musik kontrastiert die Realität unserer Welt mit dem, was jenseits davon liegt, und erforscht Fragen der Bewegung, Migration, Entfremdung und Zugehörigkeit. Fofana thematisiert in seinen minimalistischen multisensorischen Installationen interrelationale Dissonanzen ebenso wie Harmonien.
Die Soundintervention I’m Your Question besteht aus einer erweiterten Audioversion des Eröffnungstracks seiner im Jahr 2019 veröffentlichten LP Black Metamorphosis. Der Titel ist inspiriert von dem gleichnamigen unveröffentlichten, jedoch nichtsdestotrotz einschlägigen Manuskript Sylvia Wynters, das sich zentral mit der Frage beschäftigt:
"Was passiert, wenn afrikanische Menschen ... sich im Westen, in Amerika oder Europa wiederfinden? Wir befinden uns oft am Rande, in den Außenbezirken oder in den Zwischenräumen, wo die Dinge immer im Fluss sind, nichts von Dauer ist und wir gezwungen sind, zu improvisieren und neue Wege zu finden, um mit uns selbst, miteinander und mit der uns umgebenden Welt in Beziehung zu treten."1
„I am here“ ... „I am here, ‘cause you were there.“ Eine metallische Stimme ist nur teilweise verständlich durch die atmosphärischen Soundwellen zu vernehmen. Einiges bleibt unverständlich und verzerrt, fast so wie in einer Kapsel unter Wasser oder eine Nachricht aus einem weit entfernten Ort, die nur teilweise zu uns durchdringt. Die Soundsignatur des Tracks besitzt eine Tonalität, die sich jeglicher konkreter Verortung widersetzt.
I’m Your Question erscheint als ein Ausdruck des Problems, nicht verstanden zu werden oder sich nicht verständlich machen zu können. Dennoch wird in dem zarten Soundgewebe mit tiefen Resonanzen und Subbassfrequenzen zwischen den Lücken ein dritter Raum kreiert. Musikalische Kodierungen, die sich mit Black Atlantic, der Middle Passage, Afrofuturismus und der anhaltenden Mittelmeerkrise assoziieren lassen. Als Erinnerung und Wertschätzung an diejenigen, die vor ihm kamen und vor ihm gingen?
Wird hier der kausale Zusammenhang von Flucht und Migration mit Kolonialismus und Rassismus als eine der Grundvoraussetzungen des globalen Kapitalismus als elektronisch-musikalischer Kommentar in den Ausstellungsraum übertragen und betont? Das Stück problematisiert Konstrukte von Identität und versucht diese aufzurütteln und eine generative Perspektive auf erzwungene Migration zu finden.
Die komplexen Zusammenhänge zwischen allen Anwesenden, die zusammengekommen sind, um zuzuhören, seien es Wesen oder Objekte, werden hier hintergründig in ein Verhältnis gesetzt. Es stellt sich die Frage, wie wir diesen Erfahrungsraum wieder verlassen und was wir davon mit in ein Außen übertragen.
"Ich möchte die Unterscheidung zwischen Reflexion und Aktion zum Kollabieren bringen. Die Welt fällt auseinander. Wer bezieht dazu Stellung und wer verhält sich passiv?"2

1 Eoin Murray, “Fresh Kicks 109: Lamin Fofana”, DJMag.com, June 28, 2019, djmag.com/content/fresh-kicks-109-lamin-fofana
2 Haus der Kunst, “Tune. Lamin Fofana”, July 9, 2021-March 13, 2022., hausderkunst.de/ausstellungen/tune-lamin-fofana

Text: Nikola Hartl

I'm Your Question, 2019
Courtesy: Lamin Fofana; (c) Creamcake; Foto: Ink Agop